Die Automobilbranche war die letzten Jahre stets bemüht das Elektroauto möglichst totzuschweigen oder als „nicht umsetzbare, ineffiziente Technik“ abzutun. Der Umsatz mit ihren heißgeliebten Verbrennern sollte nicht gefährdet werden. Das ist auch kein Wunder, denn sollten sich Elektroautos großflächig durchsetzen, sind viele Teilbereiche der Automobilbranche bedroht. Dazu zählen neben den Autobauern Zulieferer, Werkstätten und Wartungsservices.
Das ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass Elektroautos weniger komplex und damit weniger fehleranfällig sind. Es gibt deutlich weniger bewegliche Teile, keine hohen Temperaturen oder Drücke, kein aufwändiges Getriebe und so weiter. Damit sind sie im Grunde wartungsfrei und erzeugen deutlich weniger Folgekosten für den Kunden. Doch wie bei jeder technischen Neu- oder Weiterentwicklung wird sich schlussendlich sowieso die „bessere Technik“ durchsetzen. Einen großen Teil dazu könnte der Sion des 2012 gegründeten Münchner Unternehmens Sono Motors beitragen.
Die Geschichte von Sono Motors
Elon Musk, der Gründer von Tesla, hat es bereits 2006 gezeigt: Elektroautos sind machbar! Damit hat er der weltweiten Automobilbranche innerhalb kürzester Zeit das Zepter aus der Hand genommen – zumindest was Elektromobilität angeht. Nun kommt ein kleines Münchner Unternehmen daher und beweist ebenfalls eindrucksvoll, dass die Umsetzung eines Elektroautos keineswegs eine jahrzehntelange Erfahrung oder einen besonders großen Stellenwert am Markt voraussetzt.
Eine Vision
Jona, Navina und Laurin sind die Gründer von Sono Motors. Sie verfolgen von Beginn an ein Ziel: Ein alltagstaugliches Elektroauto mit ordentlicher Reichweite, zusätzlicher Energiegewinnung durch Rekuperation und integrierter Photovoltaikzellen sowie einer familienfreundlichen Größe. Und all das soll auch noch zu einem deutlichen besseren Preis angeboten werden können, als es bei den großen Herstellern aktuell der Fall ist. Mit ihrem Prototyp haben die drei bewiesen, dass sie genau das umsetzen konnten – eine meiner Ansicht nach unfassbar tolle Leistung. Eine genaue Beschreibung ihres Werdeganges findest du auf ihrer Website: https://www.sonomotors.com/de/about.html
Vorstellung des Sion-Prototyps
Technische Daten
viSono – Lasst uns Sonne tanken
Der Sion ist mit 330 Photovoltaikzellen ausgestattet, die den Akku während der Fahrt und im Stand zusätzlich zum normalen Tanken an der Steckdose laden können. Der Sion soll dadurch bis zu 30km am Tag durch reine Sonnenenergie zurücklegen können – eine Reichweite, die für viele Pendler bereits den Arbeitsweg abdeckt.
Batterie
Der Sion soll eine tatsächliche Reichweite von 250km besitzen. Warum „tatsächliche“ Reichweite? Die meisten Hersteller von Elektroautos geben, wie bereits bei den Verbrennern üblich, Reichweiten unter perfekten Bedingungen an (siehe u.a. NEFZ). Dies führt nahezu immer zu deutlich höheren Reichweiten als in der Realität tatsächlich erreicht werden können.
Weitere Ausstattung
Auch die Sicherheit soll nicht zu kurz kommen. Dazu besitzt der Sion ABS, eine Alarmanlage, Airbags und ESC. Für eine angenehme Fahrt ist eine Klimaanlage mit dabei und solltest Du einmal größere Lasten transportieren wollen, kannst Du auch auf einen Anhänger zurückgreifen.
breSono – Moos sorgt für nötige Frische im Innenraum
Ein im Armaturenbrett integriertes Moos sorgt für die Luftfilterung im Innenraum. Durch elektromagnetische Anziehung ist dieses System in der Lage bis zu 20% des Feinstaubs aus der Luft zu filtern und besitzt zusätzlich positive klimatische Eigenschaften.
Kurzvorstellung des Sion
goSono – Eine App, viele Möglichkeiten
Powersharing
Durch das bidirektionale Ladegerät, genannt biSono, kann der Sion als mobile Stromquelle genutzt werden. Es ist unter anderem möglich, jedes Elektrogerät direkt am Sion zu betreiben. Doch nicht nur das. Es ist ebenfalls möglich, andere Fahrzeuge zu betanken. Dabei hilft die goSono-App. Du kannst selbst angeben wie viel Strom Du „abgeben“ möchtest und zu welchem Preis. Andere Nutzer der App können dann Deinen Standort einsehen und zum Tanken vorbeikommen. Wie alltagstauglich dieses Modell ist, wird sich noch zeigen. Die Idee grundsätzlich finde ich aber sehr interessant. Damit kann zwar keine Tankstelleninfrastruktur ersetzt werden, allerdings eine Art „Notfallsystem“, auf das zurückgegriffen werden kann, sollte man mal ohne Saft dastehen.
Ridesharing
Innerhalb der App kann man anderen Menschen eine Mitfahrgelegenheit anbieten. Ebenfalls eine sehr interessante Funktion, denn theoretisch ließe sich mit solchen Techniken die Gesamtzahl der Autos reduzieren. Die frühere „Fahrgemeinschaft“ wird dynamischer, spontaner, einfacher.
Carsharing
Ebenfalls interessant ist die Möglichkeit sein Auto zu verleihen. Eines der größten Nachteile des persönlichen Fahrzeugs ist die lange Standzeit, also die Zeit, die das Auto nicht bewegt wird. Bei den meisten Menschen steht das Fahrzeug die meiste Zeit still, ob nun über Nacht vor dem Haus oder während der Arbeitszeit auf dem Firmenparkplatz. Vollständig autonome Fahrdienste sind noch Zukunftsmusik, Carsharing-Lösungen stellen aber bereits heute eine sehr effiziente Möglichkeit dar.
Instandhaltung und Reparatur
reSono – Das Instandhaltungssystem für den Sion
Dieses System ermöglicht günstige Reparatur- und Wartungskosten. Du kannst mit wenigen Klicks preiswerte Ersatzteile ordern und, sofern Du dir das zutraust, selbst einbauen. Dazu gibt es einige Tutorials, die Dir dabei helfen. Außerdem ist das Werkstatthandbuch des Sion für jedermann vollständig einsehbar. Das bedeutet, dass es keine Werkstattlizenzen oder bewusste Abweichungen von Technologiestandards gibt. Dadurch soll ermöglicht werden, dass ein möglichst großes Werkstattnetzwerk Reparaturen am Sion anbieten kann, was für niedrigere Kosten bei Reparaturen sorgen wird.
Glückwünsche von mir 🙂
Ich finde, dass die drei eine wunderbare Arbeit geleistet haben. Naivität ist ein guter Motivator, sage ich des Öfteren. Einfach mal eben so eine gute Idee umzusetzen ist alles andere als einfach, vor allem bei so einem großen Projekt. Seien wir doch mal ehrlich: Bei vielen Menschen bleibt es bei der Idee. Die Angst vorm Scheitern ist glaube ich nirgends auf der Welt so groß wie in Deutschland – und das kommt vor allem durch die haufenweise negativen Reaktionen des direkten und indirekten Umfelds. Vielleicht hast Du auch schon mal deinen Freunden, dem Partner oder der Familie eine eigene Idee vorgestellt. Und hast Du da ausschließlich stärkendes und motivierendes Feedback bekommen? Oder sehen die Reaktionen nicht eher wie folgt aus: „Sowas braucht keiner“, „der XY hat das auch probiert, das wird nichts“, „Gegen Firma X hast du doch keine Chance“ oder Ähnliches. Vielleicht wird auch einfach nur hinter dem Rücken gelästert. Mein persönlicher Favorit ist ja immer noch der legendäre Spruch „das habe ich mir gleich gedacht„. Der ist so schön passiv, fast schon zurückhaltend. Ganz nach dem Motto „wenn er es schafft, sage ich nichts, wenn nicht, trete ich noch munter rein“.
Ich glaube, dass diese Reaktionen häufig mit ein Grund dafür sind, dass so manche Idee wieder verworfen wird. Diese grandiosen Geschichten, die von der kleinen Garagenfirma, die zu einem weltweit führenden Unternehmen aufsteigt, erzählen, werden wohl eher in Amerika beheimatet bleiben. Ich wünsche Sono Motors jedenfalls alles Gute und hoffe, dass sie ihre 5000 Vorbestellungen sammeln können, um in Serienproduktion zu gehen. Das wäre in der Tat eine grandiose Geschichte.
Quellen
https://www.sonomotors.com/de/
Die „Geschichte“ des Sion ist wirklich genial und passt besser nach Amerika als nach Deutschland. Über das Design lässt sich streiten, da gebe ich dir recht. Mir gefällt das Auto von außen ganz gut, aber der Innenraum wirkt irgendwie günstig. Ich glaube was Komfort angeht darf man keine große Erwartungen mitbringen. Ansonsten ist der Sion deutlich interessanter als alle anderen deutschen Elektroautos, weil preiswerter und mit besserer Reichweite.
VG, Heiko