Die Sonne nutzen, um den Akku eines Elektroautos jederzeit mit zusätzlicher Energie zu versorgen. Das verspricht ein Solarauto wie der Sion von Sono Motors. Was so naheliegend klingt, wo doch die Photovoltaiktechnik nicht erst seit Kurzem bekannt ist, hat sich in der Praxis bisher nicht so recht rentieren wollen – oder sollen?
Das deutsche Startup Sono Motors hat mit ihrem Elektro-/Solarauto Sion gezeigt, dass sich dieser „Mehraufwand“ durchaus lohnen kann. Über den Sion hatte ich bereits einen Artikel verfasst. Zur Reichweite durch Sonnenenergie erstellte ich eine kleine Modellrechnung, bei der ich bereits darauf hinwies, dass mir zum Zeitpunkt der Rechnung keine Referenzdaten vorlagen. Diese gibt es jetzt – Zeit für einen Vergleich.
18km Reichweite im Jahresschnitt
Bei meiner Modellrechnung zur Reichweite des Sion durch Sonnenenergie habe ich mit den Herstellerangaben zu Akku und Photovoltaikanlage unterschiedliche Werte berechnet. Zunächst habe ich die Leistung ermittelt, die die Photovoltaikzellen theoretisch erbringen sollten. Interessant sind dabei natürlich Maxima, Minima und Durchschnittswerte. Ebenso interessant für die Rechnung ist der Verbrauch.
Diesen schätzte ich auf 14kWh/100km. Grundlage dafür waren die Herstellerangaben zum Akku (35kWh) sowie die versprochenen 250km Reichweite. Modellrechnungen kann man naturgemäß nur mit den zur Verfügung stehenden Daten aufstellen – Der Hauptgrund dafür, dass man mit ihnen so schnell danebenliegen kann 😉
Letzten Endes kam ich auf einen Jahresdurchschnitt von aufgerundet 18km/Tag zusätzliche Reichweite. Neben den Angaben des Herstellers wurden die durchschnittlichen Sonnenstunden in Deutschland sowie die Tatsache, dass nie alle Solarzellen zeitgleich die volle Leistung erbringen berücksichtigt.
Neue Herstellerangaben zur Reichweite des Sion
Tatsächlich muss ich gestehen, dass ich nicht genau weiß, ob diese Angaben wirklich neu sind. Möglicherweise gab es sie bereits und ich habe sie einfach übersehen 😉 Auf der Website von Sono Motors findet sich jedenfalls ein Datenblatt[1] mit mir bisher unbekannten Daten. Da wären zum Beispiel Angaben zu Reichweite und Verbrauch.
Laut NEFZ kommt der Sion auf eine Reichweite von 320km, bei einem Verbrauch von unter 14kWh/100km. Sono Motors selbst gab von Anfang an eine Reichweite von 250km an. Dies gibt eindeutig Sympathiepunkte, denn in der Regel werden ja die (völlig) geschönten NEFZ-Werte angepriesen und nicht die „echten“.
Der Verbrauch von 14kWh/100km passt mit meiner Schätzung ganz gut überein. Aber wie sieht es mit der durchschnittlichen Energiezufuhr durch Photovoltaikzellen aus? Im Datenblatt ist ein Diagramm abgebildet, das die Solar-Reichweite für das Jahr 2016 zeigt. Ein Solarauto kann natürlich nur bei Sonne ordentlich punkten. Das Photon Magazin hat dazu folgende Grafik veröffentlicht.
Auf der Abszisse sind die Monate von Januar bis Dezember angegeben. Die Ordinate zeigt die zusätzlichen Kilometer als monatliche Durchschnittswerte. Der Einfluss der Sonnenstunden ist eindeutig erkennbar. So lag die zusätzliche Reichweite im Januar und Dezember bei gerade mal 4km. Die besten Ergebnisse wurden von Mai bis August erzielt. In diesen sonnenreichsten Monaten konnten 26km bis 29km durch die Sonne getankt werden.
Bildet man aus diesen monatlichen Daten einen Jahresdurchschnitt, so erhält man aufgerundet 16km/Tag. Mit meiner Modellrechnung zur Solar-Reichweite des Sion lag ich demnach gar nicht mal so falsch. Die Daten, die für dieses Diagramm genutzt wurden, haben natürlich eine deutlich höhere Aussagekraft. Vor allem aufgrund der Tatsache, dass hier gemessene (echte) Werte einfließen.
Reichweite Solarauto: viel oder wenig – sinnvoll oder sinnlos?
In meinem letzten Artikel hatte ich angemerkt, dass die Meinung kursiert, die Photovoltaikzellen seien uninteressant hinsichtlich der Energiegewinnung und zudem noch ein „Designkiller“. Ich bleibe aber bei meiner Meinung, dass die zusätzlichen Kilometer auf das Jahr gerechnet durchaus interessant sind. Die Energiekosten sind das eine. Wenn man etwas weiterdenkt, wird der Vorteil noch deutlicher.
Man stelle sich vor, dass nur 25% der Fahrzeuge in Deutschland durch Photovoltaikzellen zusätzliche Kilometer laden können. Und wir nehmen weiter an, dass durchschnittliche Reichweiten von 17km/Tag pro Solarauto möglich sind. Bei knapp 46 Millionen Pkw[2] könnten also 11.500.000 Pkw jeden Tag 17km durch Sonnenenergie fahren. Das sind insgesamt 195.500.000km im Jahr.
Eine stolze Zahl, wie ich finde. Auf diese Weise ließe sich eine Menge Energie einsparen und auch die Emission von CO2, Feinstaub und Stickoxiden vor Ort (also nach der Herstellung beim Fahren) wäre deutlich geringer.
Und das sind nur die Pkw. Wäre sowas auch für Lkw interessant? Wenn man das ganze Dach mit Solarzellen bestückt, hat man doch eine enorme Fläche zur Energiegewinnung. Vielleicht ist das auch zu einfach gedacht. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass im Bereich Photovoltaik und Elektromobilität in Zukunft noch viel möglich sein wird – auch oder vor allem hinsichtlich Effizienz/Wirkungsgrad. Die oben genannten Werte stellen eben nur den aktuellen Stand dar.
Natürlich darf man den Energieaufwand, der bei der Herstellung der Autos, Akkus und Solarzellen entsteht, nicht vergessen. Doch auch hier wird sich mit Sicherheit noch was tun. An dieser Stelle darf ich an Tesla erinnern. Dort wird die gesamte Produktion mit Solarenergie betrieben. Bis zur Fertigstellung ist praktisch jeder Tesla ein Solarauto 🙂
Es geht nicht nur um Deutschland – Die Energiebilanz würde global besser
Wir sind bei der Betrachtung der Solar-Reichweite bisher nur von Deutschland ausgegangen. Nun haben wir ja leider nicht die Sonnenstunden eines Spaniens, Griechenlands oder Nevadas. Auch das ist ein Punkt, der erst beim „Weiterdenken“ deutlich wird. Überträgt man meine Modellrechnung nämlich auf die oben genannten sonnenreichen Regionen, erhält man deutlich bessere Ergebnisse.
Am meisten profitieren natürlich die Menschen in Ländern mit hoher Anzahl Sonnenstunden. Hier wird das Solarauto schnell richtig interessant. In diesen Regionen könnte folglich auch die Belastung der Umwelt (und natürlich auch der dort lebenden Menschen) enorm verringert werden.
Referenzen
[1] http://files.sonomotors.com/Facts_GER.pdf
[2] https://www.kba.de/DE/Statistik/Fahrzeuge/Bestand/bestand_node.html
[…] Arbeitsweg bei 16,8km. Sowohl die 14.000km (70km am Tag bei 200 Arbeitstagen) als auch die ca. 17km für den durchschnittlichen Arbeitsweg fährt man ohne Probleme elektrisch. Und für die Urlaubsfahrt habe ich noch einen Tipp: Nach 300km kann man eine kurze Pause einlegen, […]